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Sonntag, 17. April 2011

#Kindererziehung aus #islam ischer Sicht (Teil 4): Erziehungsmethoden des Propheten (sas) vs moderne Pädagogik

Unser Vorbild als Muslime ist der Pophet Muhammad (sas). Deshalb sollten wir uns auch beim Thema Kindererziehung betrachten, wie er mit Kindern umging und auf welche Art er versuchte, Menschen zu erziehen. Unser geliebter Prophet (sas) gibt uns so schöne Beispiele und Lehren - mashaAllah! Wir können alle sehr viel daraus lernen und werden sehen, dass auch die moderne Pädagogik gute ergänzende Richtlinien liefern kann.

7         Erziehungsmethoden des Propheten (sas)

Diese Methoden wendete er (sas) hauptsächlich mit Erwachsenen an, aber sie sind dennoch von allgemeinem Interesse auch bei der Kindererziehung (von Kleinkindern mal abgesehen), da wir uns immer am Vorbild des Propheten orientieren sollen.

7.1      Erziehung durch Geschichten

Der Mensch liebt Geschichten und sie hinterlassen ihre Spuren in der Seele. Daher finden wir viele Geschichten im Quran. Allah beschreibt sein Buch folgendermaßen: „Wir berichten dir die schönsten Geschichten dadurch, dass wir dir diesen Quran gegeben haben.“ Und „Wahrlich, in seinen Geschichten sind Lehren enthalten für die Leute, die Einsicht besitzen.“ Viele Geschichten, die der Prophet (sas) erzählte, finden wir in den Überlieferung, z.B. die mit den drei Männern in der Höhle, vor dessen Eingang sich ein Stein befand, der sich durch gute Taten beiseite bewegte. Oder die Geschichte vom Kahlen, Blinden und Fleckigen, dem Mann der 100 Personen tötete etc. Sie enthalten Lehren, ohne belehrend zu erscheinen.

7.2      Erziehung durch Predigt

Der Prophet (sas) hielt Predigten, die die Herzen berührten und zum Weinen brachten. Sie waren kurz, damit niemand sich langweilte. Predigten sollten aber nur gelegentlich und zu der Situation passend erfolgen.

7.3   Verheißung von Allahs Belohnung und Bestrafung

Der Prophet wendete die Methode der Warnung und Ermutigung an. Er berichtete von den Dingen, die ins Paradies bringen und warnte vor Taten, die ins Feuer führen. Hierbei ist die Ausgewogenheit wichtig; die meisten Erzieher betonen zu sehr die Bestrafung und versäumen die Ermutigung. Die Ermutigung kann aber ein sehr kraftvolles Element der Motivation darstellen, während zu viel Angst vor Strafe auch lähmen kann. Zu viel Ermutigung im Sinne von fehlender Strenge kann aber auch zu Laschheit und Entgleisung führen. Beispiel für ermutigende Worte:  Der Prophet (sas) sagte: „Wer la ilaha illa llah sagt und so stirbt, gelangt ins Paradies.“ Ein Gläubiger fragte ihn danach, ob dies auch gelte, wenn er alle möglichen Sünden begehe und der Prophet bejahte es. Manchmal ist es wichtig, die Schönheit des Islam und seine positiven Auswirkungen auf den Menschen und die Welt zu betonen, damit die Seele sich hingezogen fühlt und danach strebt.

7.4      Überzeugung des Verstandes

Beispiel: Ein junger Mann wollte fremdgehen und wollte die Erlaubnis des Propheten (sas). Dieser fragt ihn, ob er dies für seine Mutter wünschen würde. Er sagte nein. Er wiederholte die Frage mit seiner Tochter, Schwester und Tante und jedes Mal verneinte der junge Mann. Dann sagte der Prophet (sas): Und die Leute wünschen dies auch nicht für ihre Mütter und Töchter und Schwestern. Danach bat er für den Mann um Sündenvergebung und Reinigung und Schutz der Genitalien. Der Mann hat sich niemals mehr nach Unerlaubtem umgedreht. Dialog und Diskussion sind mit heranwachsenden Kindern sehr wichtig, da sie zeigen, dass man ernst genommen wird und Antworten auf seine Fragen bekommt.

7.5      Harte Worte und Gnade

Einmal beklagte sich ein Mann beim Propheten (sas), dass das Gebet eines Vorbeters so lange gedauert hatte. Daraufhin wurde der Prophet sehr zornig und sagte: „Was ihr macht, lässt die Leute davon weglaufen. Ein Vorbeter soll das Gebet leicht machen, denn hinter ihm stehen Schwache und Kranke.“
Als er einmal einen Mann mit einem goldenen Ring am Finger sah, riss er ihm den Ring vom Finger und warf ihm auf den Boden mit den Worten: „Wird einer von euch eine glühende Kohle absichtlich in der Hand halten?“
Als er einmal einen Mann mit der linken Hand essen sah, sagte er zu ihm: „Iß mit deiner rechten Hand. Der Mann antwortete: Ich kann nicht. Da erwiderte der Prophet (sas): Möge Allah es dich nicht können lassen. Und ergänzte: Es hat ihn nichts außer Arroganz gehindert.“ Der Überlieferer sagt, der Mann konnte nie mehr seine rechte Hand zum Mund führen.
Diese Form des strengen Umgangs mit den Gläubigen war aber nicht die Regel in seiner Leitung, sondern die Regel war Gnade und Milde. Härte wurde verwendet, wenn die Situation Härte verlangte. Der Quran beschreibt den Propheten mit den Worten: „Zu euch ist nunmehr ein Gesandter aus euren eigenen Reihen gekommen. Bedrückend ist es für ihn, wenn ihr in Bedrängnis seid, er ist eifrig um euch bestrebt, zu den Gläubigen gnadenvoll und barmherzig.“
Seine Gefährten bestätigen dies in ihren Beschreibungen. Muawiya ibn Alhakam sagt: ich hatte niemals vor ihm noch nach ihm einen besseren Lehrer. Er hat mich nie gehasst, geschlagen oder ausgeschimpft.
Er selbst (sas) befahl seinen Gefährten, als er Muaz und Abu Musa als Wali nach Jemen schickte: „Macht den Leuten das Leben leicht und nicht schwer und seid verheißend und nicht abstoßend.“
Er betonte, dass jede Sache, die von Gnade begleitet wird, schön sei und jede Sache, die von Gnade verlassen wird, hässlich wird. Wer die Gnade entbehrt, entbehrt alles, was gut ist. Und: „Wahrlich, Allah ist gnädig und liebt die Gnade.“
Diese Gnade offenbart sich in seiner Lebensgeschichte. Einmal urinierte ein Beduine in der Moschee und die Gefährten waren sehr erbost. Der Prophet aber sagte: „Stört ihn nicht bei seiner Verrichtung und schüttet Wasser über die Stelle.“
Einmal stahl Ubad einige Ähren wegen einer allgemeinen Hungersnot und der Besitzer schlug ihn und nahm ihm sein Gewand fort. Ubad benachrichtigte den Propheten (sas) und dieser sagte zu dem Besitzer: „Hättest du ihm doch zu essen gegeben, wenn er hungrig ist. Hättest du ihn doch belehrt, wenn er unwissend ist“.

1.6      Sich abwenden (Hajr)

Der Prophet (sas) wendete diese Methode an, als einige Muslime in Medina zurückgeblieben waren und nicht zum Gihad in Tabuk gehen wollten. Er kehrte ihnen einen Monat lang den Rücken zu und sprach nicht mehr mit ihnen, bis Allah ihnen verziehen hatte und ihre Reue angenommen hatte. Diese Methode war jedoch auch nur eine Ausnahme und es ging hierbei nur um Auflehnung gegenüber Allah bis ihre Reue ernsthaft war.

1.7      Indirekte Führung oder Leitung

Beispiele:
1)  Er (sas) sprach bestimmte Verhaltensweisen an, ohne Namen zu nennen: „Wenn Leute so und so machen“ oder „was ist los mit Menschen, die….“
Einmal sprachen drei Gefährten. Einer sagte: Ich bete die ganze Nacht und schlafe nicht. Der zweite sagte: Ich faste das ganze Leben. Der dritte sagte: Ich heirate keine Frauen. Als der Prophet (sas) davon erfuhr, sprach er in seiner Predigt zu Allen: „Was ist mit Leuten los, die die ganze Nacht beten und das ganze Leben lang fasten und nicht heiraten wollen? Aber ich bete einen Teil der Nacht und schlafe den anderen Teil, ich faste und breche mein fasten und ich heirate die Frauen.“

2)  Manchmal lobte der Prophet (sas) eine bestimmte Eigenschaft in einer Person und empfahl ihr damit indirekt, daran zu arbeiten oder etwas zu tun.
Einmal hatte Abdallah ibn Omar eine Sehung im Traum, als er in der Moschee schlief. Zwei Engel nahmen ihn mit zur Hölle, die gefaltet war wie ein Brunnen. In ihm waren Leute, die er kannte und er fing an zu Allah zu beten. Er sprach drei Mal: Allah, schütze mich vor dem Feuer. Da kam ein dritter Engel und sagte zu ihm: Hab keine Angst. Abdullah erzählte Hafsa davon und diese berichtete es dem Propheten (sas). Er sagte: „Er gehört zu den Besten, wenn er Nachtgebete verrichtet.“ Seitdem hat Abdullah nur wenig in der Nacht geschlafen und viel gebetet.

3)  Manchmal beauftragte er seine Gefährten, jemandem etwas zu sagen, das er ihm sagen wollte, um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen.
Einmal kam ein Mann zum Propheten (sas) und hatte in seinem Gesicht eine gelbe Spur. Der Prophet (sas) mochte es nicht, jemandem etwas ins Gesicht zu sagen, was ihm persönlich missfiel oder was denjenigen in Verlegenheit bringen könnte. Da sprach er zu seinen Gefährten: „Würdet ihr ihm empfehlen, sein Gesicht zu waschen.“ Dies tat er wohl vor allem aufgrund seiner besonderen Stellung und weil er wusste, dass es dem Betreffenden weniger ausmachte, von jemandem aufmerksam gemacht zu werden, der ihm näher steht.

4)  Manchmal sprach der Prophet (sas) mit einem Dritten, während der Betroffene mithörte oder zuhörte. So konnte dieser den Rat annehmen oder auch nicht (indem er es überhörte), ohne das Gesicht zu verlieren und direkt zum Handeln gedrängt zu sein.
Als zwei Männer sich in seiner Anwesenheit beschimpften und einer von ihnen war wütend und hatte einen roten Kopf, sagte der Prophet (sas) zu einem Dritten: „Ich kenne einen Satz, wenn er ihn ausspricht, wird die Wut ihn verlassen. Er ist: Ich nehme meine Zuflucht bei Allah vor dem verfluchten Satan.“

7.8      Nutzen von Gelegenheiten und Ergreifen von Chancen

Einmal suchte eine Frau ihren Sohn. Als sie ihn gefunden hatte, umarmte sie ihn ganz fest. Da sagte der Prophet (sas) zu seinen Gefährten: „Denkt ihr, dass diese Frau ihren Sohn in die Hölle werfen würde? Als sie verneinten sagte er zu ihnen: Allah wirft den, den er liebt, auch nicht in die Hölle.“ So hat er eine Gelegenheit gesehen, den Gefährten im Alltag eine Botschaft zu vermitteln, die sich einprägen würde, da sie mit einem Erlebnis verknüpft ist.

7.9      Lob und Ermutigung

Abu Hurayra hat den Propheten einmal gefragt: Wer ist der Glücklichste mit deiner Fürbitte? Der Prophet sagte: Ich habe erwartet, dass niemand diese Frage vor dir stellt, weil ich deinen Eifer für Hadith schätze. Dieser Satz war Anlas zu mehr Eifer und mehr Fleiß.


8 Verhalten des Propheten (sas) gegenüber den Kindern


Unser Prophet (sas) behandelte die Kinder sehr liebevoll. Er küsste die sie und erklärte, dass diejenigen, die ihre Kinder nicht küssen, keine Barmherzigkeit in ihren Herzen haben. Er ermahnte diejenigen, die zu den Kindern keine Liebe zeigen, mit den Worten: "Ihr, die keine Barmherzigkeit erweist, werdet auch keine Barmherzigkeit erfahren."

Er liebte die Kinder, begegnete ihnen mit gebührender Rücksicht und grüßte sie zuerst, wann immer er welche antraf. Wenn er ein Kind sah, grüßte er es, fragte es, wie es ihm ginge und bat ihm etwas an.

Der Prophet war zu Kindern sehr großzügig. Er versuchte es stetig zu vermeiden, dass sich die Kinder vor ihm scheuen. Ein Kind namens Enes, das bei ihm zehn Jahre lang arbeitete, schlug und erniedrigte er kein einziges Mal. Dies gilt übrigends generell für alle Menschen, die mit ihm lebten und arbeiteten. Die einzige Situation, in der Muhammad (sas) Gewalt anwendete, war im Krieg.

Unser Prophet machte mit Kindern Spaß und spielte mit ihnen. Er gab ihnen schöne Namen und betete für sie schöne Gebete.
Und wenn ein Kind krank war, besuchte er es, und nahm auch diejenigen mit, die mitgehen wollten. Er behandelte sie wie erwachsene Menschen; ihre kindlichen Taten verurteilte er nie.

Er ließ sich oft geduldig von der Hand eines kleinen Mädchens auf der Straße solange führen, bis das Mädchen von selbst seine Hand los ließ.

Unser geliebter Prophet (sas) fasste als Vorbeter das Gebet in der Moschee kürzer, wenn er das Weinen eines Kindes hörte, damit keine Härte für das Kind und keine Sorge für seine Mutter entstünden.
Wenn er betete und sein Enkel stieg auf seinen Rücken, blieb er solange mit der Stirn auf dem Boden liegen, bis dieser von selbst wieder abstieg. Seine Enkelin trug er sogar manchmal während des Gebetes und wenn er sich niederwarf, legte er sie hin. Wenn er aufstand, trug er sie wieder.

9. Erziehungsmethoden der modernen Pädagogik

Wenn wir die Erkenntnisse moderner Pädagogik mit den islamischen Empfehlungen zum Verhalten gegenüber den Kindern vergleichen, stellen wir fest, dass sie diese nicht nur bestätigen, sondern auch im Hinblick auf die konkrete Umsetzung hilfreich ergänzen. Dies war nicht immer so. Das Element der Achtung und des Respekts gibt es noch nicht lange in der Erziehung in Europa. Der Erziehungsstil schwankte lange zwischen autoritär und laissez-faire, beides mit katastrophalen Ergebnissen. Einerseits wurden hörige Untertanen ohne Selbstvertrauen und Zivilcourage hervorgebracht, andererseits unsichere Menschen ohne Halt und Orientierung und ohne das Gefühl für Rücksichtnahme auf ihre Umgebung großgezogen. Inzwischen hat man einen Mittelweg gefunden, der den Kindern Freiräume zur Entfaltung und Willensstärkung lässt und gleichzeitig Wert legt auf die Vermittlung von Werten und Regeln, an die sich gehalten werden muss. Oft scheitern gute Vorsätze der muslimischen Eltern an der Ratlosigkeit darüber, wie ihre Vorhaben mit geeigneten Methoden umgesetzt werden können und wie man mit einem trotzenden und widerspenstigen Kleinkind am besten umgehen kann, ohne in Wut und wilde Bestrafung zu geraten oder andererseits ohne komplett die Kontrolle über das Kind zu verlieren und sich seiner Tyrannei auszuliefern. Solche Methoden und Tips gibt uns die moderne Pädagogik an die Hand, daher wollen wir einen Blick darauf werfen, was Autoren der Anthroposophen und zeitgenössische Autoren wie Steve Biddulph, Steve Chalke oder Carola Schuster-Brink an Verhaltensratschlägen anbieten und wie gut sie mit dem Islam und seinem Konzept der Achtung der kindlichen Persönlichkeit zu vereinbaren sind. Viele Dinge werden dabei eine Wiederholung dessen sein, was oben bereits angeführt wurde, aber dies zeigt nur, wie sehr der Islam in seinen 1400 Jahre alten Lehren schon immer seiner Zeit voraus war.

9.1      Tipps um Konflikten vorzubeugen bzw. deren Eskalation zu vermeiden

9.1.1      Ausreichend positive Zuwendung und Ermutigung:

Eltern vergessen häufig, ihren Kindern Aufmerksamkeit zu schenken, wenn sie sich so verhalten, wie sie es sich wünschen. Es macht jedoch für alle einen Riesenunterschied, ob sich die Eltern freuen, wenn das Kind etwas versucht, auch wenn es scheitert, oder ob sie ausflippen, weil das Ergebnis eine Sauerei ist. Richten sie ihre Aufmerksamkeit täglich mehr auf die guten Seiten des Zusammenlebens. Ob man das Glas als halb leer oder halb voll betrachtet, macht einen großen Unterschied, und es ist doch nur eine Veränderung des Blickwinkels. Durch Lob und Beachtung von Bemühungen werden die Kinder selbstbewusst, mutig und trauen sich etwas zu. Daher ist ungeteilte, positive Aufmerksamkeit das größte Geschenk, was man seinem Kind machen kann. Solche Inseln im Alltag sind Kraftquelle und Lebenselixier für Eltern und Kinder. Eine halbe Stunde wirkliche Zuwendung kann drei Stunden Quengeln verhindern.

Auch Zeit für sich brauchen die Eltern und Zeiten der Ruhe und des ungestört Seins. Aber wenn sie schlechte Laune haben, nehmen sie Ihrem Kind jeden Zweifel, dass etwas mit ihm nicht in Ordnung sein könnte. Wenn sie gestresst, müde, ärgerlich oder traurig sind, teilen sie es dem Kind mit, um zu verhindern, dass es Ihre Emotionen auf sich bezieht.
Wie man in den Wald ruft, so schallt es zurück; das eigene Vorbild ist entscheidend.
Es gibt nichts Schöneres für ein Kind, als sich angenommen zu fühlen. Schenken sie ihm daher Anerkennung und stärken sie ihm den Rücken. Je mehr Zugehörigkeit und Geborgenheit ein Kind in seiner Familie findet, desto weniger abhängig wird es von anderen Gruppen.

9.1.2      Vertrauensvorschuss gewähren

Jedes Kind möchte erfolgreich sein. Kinder übernehmen genau die Meinung, die Eltern von Ihnen haben als die eigene. Sie versuchen unterbewusst, die Erwartungen der Eltern zu erfüllen, sowohl die positiven als auch die negativen. Was Kinder mehr als jede Belehrung brauchen, ist das Vertrauen in ihre Entwicklungsmöglichkeiten. Aus unterstützten Kindern werden i.d.R. kraftvolle Kinder, aus ermutigten mutige, aus gedemütigten gehemmte und aus geschlagenen unehrliche.
Negative Formulierungen hinterlassen einen Eindruck im Unterbewusstsein, der fast hypnotisch in die unerwünschte Richtung führt. Drücken sie sich daher mit positiven Formulierungen aus, die das Ziel angeben und klare Anweisungen enthalten. Loben und bestärken Sie jeden Schritt in die richtige Richtung und ignorieren sie ungünstiges Verhalten.
Man sollte so mit dem Kind sprechen, als wäre es gutherzig und neidlos und zutiefst an den guten Kern glauben; dann kann das Kind sein, was man ihm zutraut. Nie sind wir Menschen glücklicher, als wenn wir dem Wunsch unserer Seele nach dem Guten, Schönen und Wahren gehorcht haben. Die Kinder werden das mit der Zeit selbst spüren. Wir müssen daher taktvoll sein, Wachstumsruhe gewähren und warten können. Die eigene Entfaltung wird am besten durch sanfte Führung und das eigene Vorbild gefördert, durch zuviel Druck werden die Anlagen eher verschüttet. Unser ganzes Sinnen und Trachten muss auf den Wunsch gerichtet sein, unserem Kind die ungestörte Lebensfreude zu verschaffen, die es braucht. Dann vergessen wir unsere Nerven und gesunden aus Liebe zu unserem Kind.
Die Segensspirale:
Lockender Vorschlag der Eltern → erhöhte Spannkraft des kindlichen Willens → erfreuliche Leistung → staunen und Lob → Freude des Kindes → weitere Steigerung der Leistungskraft → Reiz des Schwierigen

Mit der Zeit wird aus dem Vorschlag eine selbstverständliche Regel und aus dem Lob Anerkennung.

9.1.3      Klare Regeln und Absprachen

Viele Konflikte lassen sich durch umsichtiges Vorausdenken und klare Absprachen von vornherein vermeiden. Regeln erleichtern den Alltag und geben Halt und Orientierung. Im Konfliktfall können sie sich dann auf abgesprochene Regeln beziehen. Für kritische Situationen, in denen es immer wieder Ärger gibt, sind klare Regeln für alle Beteiligten eine große Hilfe. Wir denken immer, dass unsere Kinder wissen, was wir wollen. Aber das stimmt häufig nicht. Die Bitten und Regeln müssen erst mal beim Kind ankommen. Gehen sie hin zum Kind, schauen sie es an, sagen sie ihm, was sie von ihm wollen, berühren sie es dabei an Arm oder Schulter, finden sie klare und deutliche Worte. Dann müssen Regeln konsequent eingehalten werden. Geben sie aber einem Kind Zeit, vorher sein Spiel zu beenden.

Die besten Regeln wachsen mit. Das heiß, bei einem Baby wird es sich eher um Rituale handeln, die ihm Sicherheit und Orientierung bieten, bei Kleinkindern müssen es wenige, klare und einfache Regeln sein, die enthalten, was es tun soll (und nicht, was es nicht tun soll). Bei Regelverstößen ruhig und bestimmt auftreten, am besten hingehen, anschauen, anfassen, erklären, ablenken und evtl. Ersatzangebote machen. Vorschulkinder wollen alles ganz genau wissen und erklärt bekommen. Erklärungen zollen dem Wunsch ihres Kindes Respekt, die Welt und ihre Regeln zu begreifen. Eine positive Erwartungshaltung, Ermutigung und Vertrauen stärken die Bereitschaft zur Kooperation und seine Selbstachtung. Die Anerkennung von Leistungen ist Rückenwind für die Entwicklung seiner Selbständigkeit. Ganz ohne Regelverstöße wird es aber nicht gehen. Grenzen müssen ab und zu überschritten werden, um sie kennen zu lernen und zu erfahren. Schulkinder brauchen das Gespräch und Eltern, die gut zuhören können. Wenn Kinder sich verstanden fühlen, können sie selbst weiterdenken. Regeln sollten hier möglichst gemeinsam gefunden werden, z.B. in Form einer Familienkonferenz, in der jeder Vorschläge machen darf und man sich einigt. Nach einer Erprobungszeit werden die Regeln bestätigt oder neu angepasst.

9.1.4      Bedürfnisse des Kindes ernst nehmen, seine Persönlichkeit respektieren und achten

Wenn Kinder lernen, dass ihren Wünschen mit Achtung und Verständnis begegnet wird, es aber Grenzen des Erlaubten gibt, erfahren sie etwas sehr Wertvolles: Es geht darum, Lösungen zu finden, die für beide Seiten annehmbar sind. Bei Konflikten sollten die unterschiedlichen Bedürfnisse in Ich-Botschaften deutlich gemacht werden. Jeder hat das Recht, Lösungsvorschläge zu machen und die Interessen von jedem Einzelnen müssen berücksichtigt werden. Wenn sich Kinder mit ihren Vorlieben ernst genommen fühlen, sind sie auch eher bereit, sich in andere Richtungen lenken zu lassen. Gewinnen sie die Bereitschaft ihres Kindes zur Mitarbeit. Sie sind ein Team, keine Feinde. Gelegenheit, wieder gut zu machen und das Gesicht zu wahren stärkt die Selbstachtung und macht wieder Mut für die Zukunft.

Der Respekt und die Achtung, die wir den Kindern entgegenbringen sind die einzige Garantie dafür, dass sie auch uns Achtung und Respekt entgegenbringen. Wer Weizen ernten will, muss auch Weizen säen.

Seien sie wie ein guter Gastgeber: leicht störendes Verhalten kann man mit Humor und Takt übersehen. Wenn das Kind genussvoll schmutzige Wörter in den Raum wirft, überhören sie das. Wenn es am Essen nörgelt, bedauern sie das. Wenn es eine Tasse zerbricht, tragen sie es mit Fassung. Kann doch jedem mal passieren. Setzen sie das Kind nicht herab sondern bleiben sie höflich und freundlich.Wenn man Gäste hat, wird man auch nicht bei jedem kleinen Fehlverhalten losschimpfen oder ausflippen. Warum behandeln wir Gäste so viel besser als unsere eigene Familie?

9.1.5      Aufgaben und Verantwortung übernehmen lassen

Wenn das Kind im Haushalt helfen darf, stärkt dies sein Selbstvertrauen. Jede bewältigte Herausforderung lässt es wachsen und ist Ansporn für weitere Anstrengungen. Die Energie des Kindes kann so in erfreuliche Bahnen gelenkt werden.

Daher schulische und häusliche Aufgaben erst mal Angelegenheiten des Kindes sein lassen und ansprechbar sein, falls es Hilfe oder Rat sucht. Lediglich Vorschläge machen, wenn es danach fragt. Das Kind nach eigenen Lösungsvorschlägen fragen. Viele Kinder finden, während sie versuchen, eine Sache oder Aufgabe jemandem zu erklären, selbst die Lösung bzw. den richtigen Ablauf. Dem Kind das Tun und die Konsequenzen dafür überlassen. Selber machen macht stark!

Echtes Mitgefühl und Anteilnahme bei Misserfolgen und Schwierigkeiten zeigen und keine Vorwürfe machen. Man sollte nach den Gefühlen und Hintergründen fragen und Unterstützung anbieten.

9.1.6      Notbremse ziehen, wenn der Wutpegel steigt

Die Kinder sind immer noch die Schwächeren, auch wenn sie uns manchmal durch ihren Trotz und ihre Provokation an unseren Wunden Punkten ganz ohnmächtig fühlen lassen. Wenn der Wutpegel steigt, hilft es aus dem Ring zu gehen. Das heißt, man verlässt den Raum oder die Szene, geht auf Abstand und teilt dies dem Kind mit. Man kann auch alternativ das Kind in sein Zimmer bringen oder an einem bestimmten Ort platzieren und ihm zu verstehen geben, dass es nun eine Weile dort zu bleiben hat. Dann sollte man nach Methoden suchen, sich selbst wieder zu beruhigen. Tief durchatmen, eventuell eine Tasse Tee oder ein Glas Wasser trinken, Autogenes Training  oder Selbstgespräche, Kissen an die Wand werfen um sich abzureagieren oder kurz Musik hören - einfach etwas tun, was einem gut tut und den Ärger vertreibt. Dann können sie wieder auf das Kind zugehen und in ruhigem Ton den Grund für Ihren Ärger erklären. Für die Muslime gibt es natürlich noch andere Dinge, die sie tun können. Dies wurde bereits in Teil 2 dargestellt. Dazu gehören Wudu machen, beten oder die Körperhaltung verändern.
  

9.1.7      Gut für sich sorgen

Häufig liegen die Gründe für unsere Ausraster nicht bei denen, die wir anschreien, sondern bei uns selbst. Unsere Nerven liegen blank, weil wir nicht gut genug für uns selbst sorgen, und dann genügt eine Kleinigkeit, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Gut für sich selbst sorgen zu können ist eine wichtige Voraussetzung dafür, gut für andere sorgen zu können. Man kann sich selbst Freiräume schaffen und wenn man Hilfe braucht, sollte man sie sich holen.

9.1.8      Über den Trotz

Das Kind braucht Freiraum für seine Willensregungen. Sie sollten durch aktives Zuhören herausfinden, was das Kind wirklich will und um was es wirklich geht. Dann kann es oft seinen eigenen Weg finden, mit einem Problem umzugehen. Der Zuhörer sollte lediglich wiedergeben, was er heraushört und keine Ratschläge, Kritik oder Urteile einfließen lassen.
Manchmal muss man ein Kind auch eine Weile in Ruhe lassen, bis es sich selbst wieder beruhigt und im Griff hat, weil man sich im akuten Wut- und Trotzanfall nicht vernünftig mit dem Kind unterhalten kann. Dann ist ignorieren hilfreicher als schimpfen. Das Kind muss auch erst lernen damit umzugehen, dass es nicht immer möglich ist, alles was man möchte auch zu bekommen.
Bei Willenseinklang des Kindes mit den Eltern erfolgt stolzer Gehorsam. Man sollte nur das Nötigste gebieten und zwar in freundlichem Ton. Den Trotz darf man nicht brechen, sondern muss ihn als Drang verstehen, einer Nötigung zu widerstehen und später der freien Gewissensentscheidung gehorchen zu können. Oftmals hilft es, frühere Leistungen des Kindes anzuerkennen und damit den Stolz auf sich selber zu wecken. Dann kann man dem Kind die Chance zum Gehorsam geben durch gemeinsames Tun und später der Frage: Machst du es selbst oder muss ich es tun? Weißt du es selbst, oder muss ich erst sagen, was nun geschehen soll?

9.2      Der Umgang mit Fehlern des Kindes


9.2.1      Klärendes Gespräch und logische Konsequenz

Der richtige Weg mit den Fehlern des Kindes umzugehen ist, seine Meinung klar und bestimmt zu vertreten, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen, sich aufzuregen oder zu rechtfertigen. Den Grund für den Ärger soll man erklären, damit das Kind die Chance hat zu verstehen, warum etwas nicht erlaubt ist. Alternativen anbieten, falls möglich. Sätze, die mit „Ich“ beginnen und ausdrücken, welche Folgen entstanden sind und wie den Eltern deshalb zumute ist, können Kinder nachvollziehen. Sie geben ihnen die Möglichkeit, sich anders zu verhalten. Die Kinder wollen die Anerkennung ihrer Eltern gewinnen und behalten, das ist ein ganz wesentlicher Grund für ihre Kooperationsbereitschaft. Sie brauchen Eltern, die ihnen auf halbem Weg entgegenkommen, ihre Erwartungen begründen und erklären, so dass ein Kind mit der Zeit immer mehr Einsicht entwickeln kann. Der Wunsch nach Selbständigkeit und Anerkennung ist ein großer Anreiz, einsichtiger und vernünftiger zu werden. Wenn entnervte Eltern schreien, ihr Kind herabsetzen oder gar schlagen, geht dieser Anreiz verloren. Wenn wir ärgerlich strafen, hält das Kind zudem unseren Ärger für den Grund der Strafe und nicht ihr Verhalten. Drohungen verletzen zudem. Der Ärger überträgt sich auf das Kind, es wird trotzig und kämpft mit Unarten und Geschrei. Also nicht mit Hast reagieren, sondern den Ärger abklingen lassen, mitfühlen/mitleiden und nach einer hilfreichen Reaktion suchen. Wenn angebracht, kann man das Kind z.B. liebevoll festhalten. Dann dem Kind ruhig sagen, dass der Regelbruch oder das Fehlverhalten nicht geduldet wird, ihm in die Augen schauen, evtl. Hände auf den Rücken legen lassen zur besseren Konzentration.
Man kann dem Kind wenn es sich beruhigt hat an einem ruhigen Ort folgende Fragen stellen:
Was war los, was hast du gemacht?
Was hast du dabei gedacht und gefühlt, warum hast du es gemacht?
Was denkst du, hättest du anders machen sollen?
Wie willst du das wieder in Ordnung bringen?
Dann das Kind aussprechen lassen, was es lernen soll. Dem Kind zeigen: Jetzt hast du etwas Wichtiges gelernt. Danach wieder freundlich sein und mit dem Kind lachen.
Im Wiederholungsfall muss eine natürliche Konsequenz folgen, eine eingesehene Wiedergutmachung oder der Entzug von Rechten (z.B.: erst nach dem Aufräumen darf wieder gespielt werden). Die Konsequenzen sollten bezogen auf die Sache sein. Bsp.: Wurde etwas absichtlich kaputt gemacht, wird das Geld durch Einsparungen bei Naschereien ersetzt. Macht das Kind die eigenen Sachen kaputt, ist das seine Sache. Sie werden aber nicht ohne Anlass ersetzt. Eigenverantwortung lernen die Kinder am besten aus den Folgen, die sich aus ihrem Verhalten ableiten lassen. Wer mit dem Essen herumspielt, ist wohl satt und kann aufstehen. Wer seinen kleinen Bruder ärgert, kann nicht mehr mitspielen. Wer sein Taschengeld an einem Tag auf den Kopf gehauen hat, ist für den Rest der Woche pleite. Sinnvolle Folgen eines Regelverstoßes sind für Kinder einsichtig und helfen ihnen, Regeln durch Reflektion der Folgen in eigener Entscheidung einzuhalten.
Bei Missgeschicken darf man nicht strafen und schimpfen, sondern trösten; - sie sind ja nicht absichtlich erfolgt und das Kind ist sowieso schon traurig über seinen Misserfolg. Das Kind muss vieles erst noch lernen, so wie wir es einst lernen mussten.

9.2.2      Die Wirkung von Schlägen und Demütigungen

Wenn wir ein Kind niederschreien, es ohrfeigen oder beschimpfen, reagieren wir uns nur ab. Das Kind fühlt sich schlecht, wertlos, unfähig und ohnmächtig. Aber gelernt hat es nichts Wünschenswertes: Der Stärkere setzt sich mit Gewalt durch. Es wird später ebenso unbeherrscht mit Konflikten umgehen, wie sie es ihm vorgemacht haben. Schläge und Ohrfeigen machen Angst und Angst macht dumm. Sie halten Kinder zwar kurzfristig davon ab, etwas Verbotenes zu tun, sind jedoch kein Schutz vor diesem Verhalten, wenn das Kind sich unbeobachtet fühlt, da die Unterlassung nicht aus Einsicht erfolgt sondern nur Folge des ausgeübten Druckes war. Und das Kind fühlt sich gedemütigt und in seiner Würde verletzt. Diese Art Schmerz hält auch noch an, wenn die Wange oder der Po schon längst nicht mehr wehtun. Das Kind fühlt sich von denen gekränkt und verletzt, die es am meisten liebt und denen es am meisten vertraut. Es fühlt sich als Person abgelehnt, abgewertet und schlecht. Daran hat das Kind oft ein Leben lang zu knabbern. Es wird selbst zu Gewalt neigen. Wiederholt sich diese Art der Bestrafung häufig, stumpft es irgendwann ab gegen Schläge, weil es sonst zu wehtäte. Gedemütigte Kinder versuchen zudem, ihr ramponiertes Selbstwertgefühl wieder aufzupolieren, indem sie vor Stärkeren kuschen und Schwächere schlagen. Sie rächen sich oft an den Eltern, indem sie ihre wunden Punkte treffen (z.B. trödeln, wenn Mama Eile hat, am Essen nörgeln, wenn sie sich große Mühe gegeben hat…) und ihre Eltern mit schlechtem Benehmen in Verlegenheit bringen. Es droht ein unheilvoller Kreislauf von Verweigerung und neuen Strafen, die immer härter ausfallen, bis die Eltern früher oder später diesen Machtkampf verlieren müssen, indem das Kind die Koffer packt und auszieht. Dann ist es womöglich für immer verloren gegangen und Zwang und Vorwürfe bewirken gar nichts mehr. Wenn Eltern dann anfangen wollen, das Kind auf den richtigen Weg zu bringen, ist es bereits zu spät. Vorbeugen lohnt sich.


10         Zusammenfassung: 10 Regeln für eine erfolgreiche Erziehung


1.                  Bedingungslose Zuneigung zeigen und  sich Zeit nehmen
2.                  Dinge mit Gelassenheit und Humor nehmen; meist handelt es sich nur um Phasen
3.                  Sich einfühlen in das Kind und seine Bedürfnisse ernst nehmen
4.                  Sich bevor man handelt fragen: Was lernt mein Kind aus meinem Verhalten?
5.           Und: Warum ärgere ich mich so und um was geht es wirklich? Dauerhafte Lösungen suchen, , Regeln aufstellen die Stress abbauen
6.         Gemeinsames finden von Lösungen und Kompromissen, mit denen alle gut leben können; Verständnis für die Wünsche des Kindes zeigen und es in die Entscheidungen einbeziehen
7.                  Dem Kind einen Vorschuss an Vertrauen entgegenbringen
8.                  Respektieren der Persönlichkeit des Kindes, keine Demütigungen
9.       Grenzen ruhig und bestimmt Setzen, Erwartungen deutlich Aussprechen, berechenbar sein
10.              Übertragen von (altersgemäßen) Aufgaben und Verantwortung

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